Fakten
Anreise:
Länge: ca. 330 km
Anstieg: ca. 7600 m
Etappen: 12-16 Tage
Der Camino Primitivo gilt als der älteste aller Jakobswege. Bereits im 9. Jahrhundert wurde er von König Alfonso dem II. begangen. Er verlor aber später an Bedeutung und wurde erst in den letzten Jahrzehnten als Alternative zu anderen Pilgewegen wieder entdeckt.
Nachdem vor allem der Camino Francés unterdessen sehr viele Pilger anzieht (etwa 250‘000 im 2024) weichen immer mehr Leute auf weniger begangene Routen aus, so eben auch auf den Camino Primitivo. Da aber die Infrastruktur nicht mit dem Zuwachs an Gästen schritthalten kann, gibt es zunehmend Engpässe beim Übernachten.
Der offizielle Start ist in Oviedo und von dort führt er durch die Berge Asturiens und Galiziens nach Lugo. Durch die danach eher flache Landschaft gelangt man schliesslich nach Santiago de Compostela. Die meisten Pilger teilen die Strecke von gut 320 km in 14 Etappen auf.
Dieser Camino gilt als der physisch anspruchsvollste aller Wege, aber für Leute welche problemlos 25 km und bis 1000 Hm pro Tag gewohnt sind, ist es keine spezielle Herausforderung. Auf einigen Etappen in den Bergen wandert man zudem auch auf zum Teil steilen Bergpfaden mit losem Geröll. Wer aber Erfahrungen mit Bergwanderungen mitbringt, wird keine Schwierigkeiten haben. Der grösste Teil der Strecke ist einfach zu begehen. Nach Regen, und den gibt es oft in dieser Region, begegnet man immer wieder auch grösseren Schlammpassagen. Oft kann man sie umgehen, aber nicht immer.
Gemäss diversen Apps und Reiseführern werden die Etappenlängen empfohlen. Diese kann man aber problemlos verkürzen oder auch verlängern. Beachten muss man dabei nur die Verfügbarkeit von Unterkünften. Die üblichen Etappenorte bieten meist eine grössere Auswahl an Unterkünften, aber die Nachfrage ist dann auch grösser. Andere Orte haben begrenzte Kapazitäten, sodass man dort am besten einige Tage zuvor reserviert. Einige Etappenorte haben diesbezüglich wenig Freiraum. Da meine Freunde wenig Wandererfahrung mitbrachten, habe ich die ersten Etappen kürzer geplant. Unten die Statistik des Jahres 2024. Aktuelle Statistiken: <LINK>
Die offizielle Route des Camino Primitivo trifft bei Melide auf den Camino Francés und führt von dort gemeinsam nach Santiago. Um dem Rummel auszuweichen, besteht eine Routenoption ab Lugo. Über eine zweitägige Verbindung gelangt man kurz vor Sobrado auf den von der Nordküste kommende Camino del Norte.
Auch dieser verfügt ab Gandara eine Routenvariante auf welcher man bis vor die Tore von Santiago folgen kann, wo aber auch er für die letzten paar km auf den
Camino Francés trifft. Ursprünglich war das Zusammentreffen bei Arzua, zwei Tagesetappen vor Santiago. Dann gab es eine Variante welche bei Pedrouzo in den Camino Francés mündet.
Von der letzten Anpassung der Wegführung, erfuhr ich leider erst als wir die letzte Übernachtung in Pedrouzo bereits
reserviert hatten. Deshalb waren wir schliesslich eine ganze Tagesetappe auf dem Camino Francés unterwegs, auch eine Erfahrung.
Oviedo hat einen eigenen, regionalen Flughafen. Es gibt aber nur wenig direkte Verbindungen. Madrid wird hingegen von viele Flughäfen aus direkt angeflogen und bietet entsprechend auch mehr und günstige Angebote.
Da meine Freunde sowieso über Madrid anreisten, hatte auch ich einen Retourflug Basel – Madrid gebucht. Nach Oviedo gelangt man mit einem Hochgeschwindigkeitszug mit einer direkten Verbindung in etwa 3 ½ Stunden mehrmals täglich. Die Preise variieren stark, je nach Buchungszeitpunkt und Abfahrtstag und -zeit. (20-70 Euro). Es lohnt sich frühzeitig und online zu buchen.
Die Stadt bietet eine Vielzahl von Unterkünften in allen Preislagen. Um die bestmögliche Unterkunft zu buchen ist es je nach Saison ist es aber auch empfohlen
dies frühzeitig zu tun.
meiner Meinung nach lohnt es sich, einen Tag in Oviedo zu verbringen, um noch ein letztes Mal vor dem Camino den Trubel, die Sehenswürdigkeiten und die guten Restaurants zu geniessen.
Der offizielle Beginn des „Camino Primitivo“ ist vor der Kathedrale und ist mit dem ersten Kilometerstein sowie einer Bronzeplatte im Boden gekennzeichnet.
Um die „Compostela“ in Santiago de Copostela zu erhalten, muss der begangene Pilgerweg mithilfe des „Credencial“ dokumentiert werden. Das Dokument kann man bereits im Voraus im Internet bestellen oder aber bei der Kathedrale und dem Touristenbüro kaufen (2 Euro). Dort bekommt man auch die Muschel, das Erkennungszeichen eines Pilgers. Diese wird aussen am Rucksack angebracht.
Den „Credencial“ stempelt man unterwegs jeweils mindestens zwei Mal pro Tag ab. Stempel bekommt man in den Unterkünften (eher nicht in Mietwohnungen),
Bars/Restaurants und zum Teil bei Kirchen/Kapellen. Am Ende wird aber, zumindest bei gut gefüllten Dokumenten, nicht im Detail nachgeschaut wo und wann man einen Stempel bekommen hat.
Es ist auf jeden Fall auch ein schönes Souvenir.
Die „Compostela“ ist das Zertifikat, welches einem bestätigt die Pilgerreise gemäss den Regeln absolviert zu haben. Aus welcher Richtung man immer kommt, muss man mindestens 100 km zu Fuss oder 200 km mit dem Fahrrad zurückgelegt haben und die Reise mit den Stempeln im „Credencial“ nachweisen.
Um die Abholung der „Compostela“ in Santiago zu vereinfachen, registriert man sich vorgängig online. Somit muss man nicht erst im Pilgerbüro am Computer ein Formular ausfüllen. Erreicht man Santiago geht man mit dem „Credencial“ zum Pilgerbüro an der Rúa das Carretas 33, ganz in der Nähe der Kathedrale. Dort wird der vorhandene QR Code von der Onlineregistrierung eingescannt und man wird in die Warteliste eingetragen. Je nach dem zu welcher Tageszeit , Wochentag oder Jahreszeit man ankommt, kann es zu längeren Wartezeiten kommen. Der Andrang ist insbesondere um die Mittagszeit herum am grössten. Wir gingen am folgenden Tag kurz nach neun Uhr vorbei und waren innert Minuten wieder draussen. Aber eben, es können auch mal bis über 3000 Personen am Tag ankommen!
Das Kilometerzertifikat kann man spontan beim Abholen mit bestellen. Die 3 Euro werden am Ausgang eingezogen. Das Dokument zeigt auf, wie viele Km man auf welchem Camino man zurückgelegt hat.
Weitere Informationen zum Jakobsweg im allgemeinen findet man hier <LINK>
Am Camino gibt es je nach Übernachtungsort verschiedene Kategorien Unterkünfte:
Albergue Municipal
Die klassische Art auf dem Camino zu übernachten. In der Regel einfach ausgestattete Massenlager, zum Teil mit Kochmöglichkeiten. Die Preise sind meist unter 10 Euro/Nacht/Person. Verpflegung ist meist nicht möglich. Hat es kein Restaurant in der Nähe, muss man das Essen mitbringen. Bettwäsche ist oft nicht vorhanden und wenn, nur Einwegpapierwäsche und Wolldecken. Ein Schlafsack oder zumindest ein Schlafsackinlet ist dringen empfohlen. ACHTUNG: Diese Herbergen kann man normalerweise NICHT reservieren, man muss u.U. früh eintreffen um sich ein Bett zu sichern. Zudem sind sie nur für Pilger mit einem „Credencial“ zugänglich.
Albergue Donativo
Wie oben aber ohne fixen Preis. Allerdings finanzieren sie sich mit Spenden und laut einem der Volontäre sind nicht alle Pilger grosszügig genug um den Betrieb kostendeckend zu führen. Das merkt man dann an der sehr einfachen Verpflegung und Einrichtung. Es ist deshalb angebracht und nur fair für ein Bett und Verpflegung mindesten 20 Euro (oder halt auch mehr wenn man es sich leisten kann) zu spenden, sodass sich die Herberge eine entsprechend bessere Qualität leisten kann.
Private Herbergen
Ähnlich wie oben, aber meist besser ausgestattet und oft auch mit Verpflegung. Preise 10-25 Euro/Nacht/Person. Oft ist die Unterkunft in mehrere kleinen Schlafsäle unterteilt oder hat gar Doppel- oder 4er-Zimmer. Die meisten privaten Herbergen kann man reservieren.
Pensionen und Hotels
Luxushotels sucht man ausserhalb der wenigen grossen Orte vergebens. Einfache Pensionen und kleine Hotels kosten 30-60 Euro für ein Doppelzimmer. Nur wenige bieten auch Verpflegung und wenn überhaupt, ein einfaches Frühstück.
Ferienwohnung / Air BnB
Wir hatten in Oviedo, Cornellana und Lugo eine Wohnung gemietet. Die findet man recht preisgünstig und für zwei oder mehr Personen ist es oft sogar günstiger als eine Herberge. Dabei kann man zudem selber kochen, oder zum Beispiel auch nur ein reichhaltiges Frühstück und Sandwiches für die Folgeetappe zubereiten. Zudem hat es meist auch gleich eine Waschmaschine zur Verfügung.
Wer sich den Stress für die spontane Unterkunftssuche sparen will, sollte auf jeden Fall einige Tage im Voraus reservieren. Leider buchen immer wieder Leute mehrere Optionen und blockieren so unnötig Betten und tauchen dann einfach nicht auf. Ich hatte z.B. eine Woche vor der Übernachtung bei einer Herberge nachgefragt und erfahren, dass sie ausgebucht ist. Bei einem weiteren Versuch, zwei Tage vor Ankunft, hatte es wieder Platz! Übrigens, viele Unterkünfte kann man deshalb gar nicht mehr als ein paar Wochen im Voraus buchen. Sie erscheinen dann, z.B. bei Booking, als ausgebucht.
Wählt man die Albergues Municipal, heisst es früh starten und ankommen, vor allem in der Hauptsaison: First come, first served!
Kritisch am Camino Primitivo sind vor allem folgende Übernachtungsorte:
Paladin, Borres, Colinas de Arriba, Beducedo, La Mesa, Vilar de Cas
Dies traf bereits im Mai zu, in der Hochsaison (Juli/August) dürfte sich die Situation noch verschärfen!
In Beducedo waren schon im April Meldungen im Internet die berichteten, dass bis zu 20 Personen mit dem Taxi nach Grandas de Salime oder Pola de Allende fahren mussten zum Übernachten.
Da die Etappenorte oft auch in kleinen Dörfern sind, ist das Angebot an Restaurants entsprechend klein. Auch Supermärkte sind nicht überall zu finden. Das Frühstück in Spanien ist meist recht bescheiden, Toast mit Butter und Marmelade oft der Standard. Das reicht dann halt kaum um einen ganzen Tag zu Fuss unterwegs zu sein.
Auf offene Bars und Restaurants entlang des Camino ist auch nicht immer Verlass. Es gibt auch einige Etappen auf welchen man gar keine Versorgung erwarten kann.
Es ist deshalb sinnvoll, immer eine Art Notverpflegung und genügend Wasser mitzuführen.
Es gibt neben Reiseführern mehrere Apps welche einem die individuelle Planung der Etappen und die Buchung von Unterkünften erleichtern. Der Vorteil dieser Apps ist, dass sie meist aktueller sind und die User Rezensionen und Bemerkungen hinterlassen können.
Ich habe folgende Apps verwendet:
Am besten macht man sich im Vorfeld vertraut und wählt dann die sinnvollsten aus. Man sollte aber daran denken, dass das Mobilfunknetz zum Teil Lücken aufweist, wenn auch die Versorgung meist gut ist. Dann sollte man auf eine Off-Line Lösung zählen können.
Der Hauptweg ist durchgehend sehr gut signalisiert. Eine Karte benötigt man nicht unbedingt. Entscheidet man sich aber nach Lugo eine der Varianten zu wählen, ist eine gute Offline Karte mit eingezeichnetem Weg sehr empfehlenswert. Ich verwende zur Planung Mapy.cz. (App und Website) Dort ist der Verlauf des Camino deutlich ersichtlich. Einzig die neuste Variante des Camino del Norte, welche von Boimorte via Alto de Goimil direkt zum Flughafen von Santiago führt, fehlt zurzeit noch. Diese Strecke ist aber gut signalisiert.
Am allerwichtigsten ist es das Gewicht des Rucksacks möglichst leicht zu halten, es sei denn, jemand ist gewohnt auch mit ein paar Kilo mehr problemlos zu wandern. Eine Faustregel besagt, man sollte nicht mehr als 10% des Körpergewichts zuladen. Zu beachten ist, dass unterwegs noch sicher 2 kg für Wasser und Verpflegung dazugerechnet werden muss. Um herauszufinden was man sich zumuten kann, sollte man ausgedehnte Wanderungen mit einem entsprechenden Gewicht probehalber wandern und dann entscheiden was sinnvoll ist.
Ein Rucksack mit 35 – 40 Liter sollte auf jeden Fall gross genug sein. Er muss auch gut einstellbar und bequem zu tragen sein. Eine gute hinterlüfteung ist ebenfalls vorteilhaft. Ein Rucksack mit weniger als 1 kg Eigengewicht ist ein guter Start.
Bei der Auswahl der Kleider darauf achten, dass sie leicht, multifunktionell und schnelltrocknend sind. Auf dem Camino Primitivo muss mit so ziemlich jedem Wetter gerechnet werden. Regen ist wahrscheinlich, bis Anfangs Mai kann es in den Bergen sogar auch schneien. In der Ebene dagegen kann es von Mai bis September immer auch über 30 °C werden.
Als Regenausrüstung hat sich ein guter, leichter Poncho bewährt. Sollte es allerdings auf den Bergetappen zudem stark windig oder auch kalt sein, was gut möglich ist, wären Regenhose und -Jacke die bessere Alternative.
Ich habe mit Merino Wäsche (Unterhose, T-Shirt und langärmeliges Shirt gute Erfahrungen gemacht. Das Material trocknet relativ schnell und riecht nicht, sodass man die Kleider auch 3 Tage tragen kann ohne, dass einem die umstehenden Leute ausweichen müssen.
Bei der Wahl der Schuhe gibt es zwei Lager: Die Trailrunner und die Bergwanderer, also sehr leichte Halbschuhe oder eben hohe Wanderschuhe. Ich habe mich für leichte Gortex Wanderschuhe von Lowe entschieden und würde es wieder so machen. Meine Freunde waren in einfachen Trailrunner unterwegs und kamen auch durch. Ich sehe den Vorteil von hohen Wanderschuhen im Regen, bei Schlammpassagen und den 3 – 4 Bergetappen. Nachteile sind das höhere Gewicht (welches mich nicht belastete oder störte) und die heissen Füsse, wenn es warm wird (ich habe sie bei längeren Pausen konsequent ausgezogen und auch die Socken getrocknet oder gewechselt.
Um zusätzlich Inspiration zu erhalten lohnt es sich im Netz nach Packlisten für den Camino zu suchen. Am Ende ist es aber sowieso eine persönliche Entscheidung was und wieviel man mitschleppen will.
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Buen Camino
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