Durch Zoomen der Karte kann man mehr Details der Route erkennen


Finnland

Die planmässige Abfahrt unserer am Vortag gebuchten Fähre war halb acht Uhr und wir sollten eine Stunde vorher im Hafen eintreffen. Das hiess, Wecker stellen und ein schnelles Frühstück. Durch mehrere Baustellen im Hafengebiet ist die Zufahrt etwas komplizierter als sonst, aber kein Problem, wenn man nicht auf das GPS achtet. Wir zeigten unsere IDs und man schickte uns direkt in die Kolonne 6, wo wir ohne Anhalten direkt aufs Schiff fuhren und in die Poleposition eingewiesen wurden. 

Die Überfahrt dauerte nur etwas mehr als zwei Stunden und deshalb waren noch vor zehn Uhr auf finnischem Boden. Bis wir endlich aus dem Stadtzentrum draussen waren, ging es nur harzig vorwärts. Alle paar Meter eine Ampel, und diese war meist rot für uns. Wir fuhren als Erstes zu einer Wäscherei und erledigten in zwei Stunden diesen Job und kauften auch gleich ein paar Lebensmittel im selben Einkaufszentrum ein. Die Preise waren bis auf wenige Dinge ähnlich teuer wie in der Schweiz, aber dafür war das Angebot auch vergleichbar gut. Im Stadtcamping richteten wir uns ein und mussten mangels Schatten unsere Markise aufbauen, denn an der Sonne war es uns definitiv zu heiss! Wir lernten Stefan und Rebekka kennen, welche wiederum gute Freunde unserer Freunde HR und Ruth Möri sind: Die Welt war wieder einmal klein!

Die Besichtigung von Helsinki hatten wir auf den nächsten Tag geplant und wie schon in anderen Städten eine «Freetour» gebucht. Das Auto stellten wir gratis am Bahnhof direkt beim Campingplatz ab und fuhren, mit einer Tageskarte ausgerüstet, mit der Metro ins Zentrum. Wir waren früh dran und schauten uns deshalb schon mal das Gebiet um den Hafen an. Danach trafen wir uns mit unserem «Freetour» Guide am Alexander Denkmal. Wir waren eine gemischte Gruppe und nach einer kurzen Vorstellung übernahm Matti das Zepter. Und er redete, und redete, und redete. Über fast alles erzählte er pausenlos, nur die Sehenswürdigkeiten kamen dabei nur in Nebensätzen vor. Es dauerte nun bereits eine Viertelstunde und er redete pausenlos und rasend schnell. Wir schauten uns an, und  beschlossen, uns bei der erstbesten Gelegenheit «französisch zu verabschieden». Als er alle in die Kathedrale verfrachtete, blieben wir etwas zurück und schlichen uns davon. Nicht sehr elegant, aber wir wollten uns nicht vor all den anderen Gästen erklären, für sie mochte es ja passen. So viel unsere Besichtigung halt etwas kurz und ohne viel Hintergrundinformationen aus. 

Wir nahmen die nächste Fähre auf die Insel Suomenlinna. Dort lebt eine bunt zusammengewürfelte Community inmitten der alten Wehranlagen und historischen Gebäuden. Auch hier in Finnland war offenbar Schulreise Saison. Hunderte von Schülern aller Altersklassen wirbelten auf der kleinen Insel herum. Wir nahmen es gemütlich und schlenderten kreuz und quer über das Eiland. Allzu viel gibt es aber nicht zu sehen. Einige kleine Museen und vor allem Restaurants, Galerien und Souvenirläden ziehen die Leute an. Überrascht hat vor allem, dass es tatsächlich ein recht antikes, aber noch in Betrieb befindliches Trockendock zu bestaunen gibt. Und es waren auch einige mittelgrosse Schiffe trockengelegt, um daran arbeiten zu können. Auch speziell ist der Kirchturm, da in dessen Spitze auch noch ein Leuchtfeuer eingebaut ist und die Kirche damit zugleich als Leuchtturm dient. Ob dieser Schiffe warnen soll, oder etwa Gläubigen den richtigen Weg weist, konnten wir nicht herausfinden.

Beim Auto zurück, liessen wir die Agglomeration hinter uns und fanden an einer Sackgasse im Wald einen netten Übernachtungsplatz. Zwar kamen immer wieder Radfahrer vorbei und ab und zu auch mal ein Auto, aber bald waren wir alleine dort draussen. Später fielen ein paar Regentropfen aus dunklen Gewitterwolken, aber der Spuk war vorbei, bevor der Boden auch nur feucht wurde.

Weitere 40 km im Osten liegt Porvoo. Das Städtchen gilt als eines der schönsten Finnlands und deshalb wollten wir uns das auch anschauen. Am Fluss liegt eine ganze Reihe ähnlicher Häuser. Die schmucke, dunkelroten Gebäude sind tatsächlich sehr fotogen und direkt dahinter ist ein weiteres Quartier mit farbenfrohen Holzhäusern erhalten geblieben. Gross ist das alles nicht und früh am Morgen wirkte alles noch etwas ausgestorben.

 

Auf Schnellstrassen umfuhren wir Helsinki auf unserem Weg nach Westen. Das nächste Ziel war der Nuuksion Nationalpark. Dort wollten wir einen ersten Eindruck der finnischen Natur gewinnen. Auf zwei kurzen Wanderungen lernten wir tatsächlich einen Teil der typischen Landschaft kennen. Braun gefärbte Moorseen, lichte Föhrenwälder und immer wieder auch Sumpfgebiete prägten das Bild. Etwas «exotischer» war die hüglige Topografie, wir erwarten im Landesinnern dann eher flaches Terrain.

Da es erst kurz nach Mittag war, setzten wir unsere Fahrt Richtung Südküste fort. Auch hier wählten wir, unüblich für uns, Schnellstrassen und sogar ein Stück Autobahn, einfach deshalb, weil wir schnell herausgefunden hatten, dass die durch Ortschaften führenden Strassen ziemlich mühsam sind. Nicht nur sind die Höchstgeschwindigkeiten selbst in kaum besiedelten Gebieten sehr tief, nein sie wechseln auch alle paar Hundert Meter. Dazu stehen in kurzen Abständen immer wieder  Blitzkästen, sodass man höllisch aufpassen muss, nicht zu schnell zu fahren. An dann auch noch Rotlichter ohne Ende in Ortschaften. Nun, das alles macht das Fahren stressig und zumindest der Fahrer muss hoch konzentriert bleiben und hat kaum Gelegenheit sich die Gegend anzuschauen.

Erst wollten wir noch einmal an der Südküste des Festlands übernachten. Da aber das Angebot zum Campen dort mager ist und wir gut vorangekommen waren, setzten wir am späten Nachmittag mit der Fähren auf die Insel Rosala über und der anvisierte Übernachtungsplatz stellte sich als Bijou heraus. In einer schönen Bucht konnten wir uns direkt am Strand im Schatten des Waldes einrichten. Zum Baden ist es nicht unbedingt ideal, denn auch nach fünfzig Meter ist das Wasser erst knietief. Es gab allerhand Seevögel zu beobachten und ausser uns waren nur noch zwei andere Autos zum Übernachten eingetroffen. Wir wollten eigentlich grillen, aber als Ueli ein Bündel Feuerholz zur vorhandenen Grillstelle brachte, wurde er vom finnischen Nachbar darauf hingewiesen, dass wegen Waldbrandgefahr Feuer zurzeit verboten seien. Ein Hinweisschild erklärte das deutlich, aber es stand dort halt auch «ausser in der zur Verfügung gestellten Feuerstelle». Wir liessen uns aber nicht auf eine Diskussion ein, schliesslich sind wir ja Gast im Land, und stellten unseren Menüplan halt um.  Eigentlich hatten wir noch das Wikinger-Zentrum besuchen wollen, mussten aber feststellen, dass es erst um Mittag öffnet und eine genauere Recherche offenbarte zudem, dass es sich weniger um ein Freiluftmuseum, sondern eher um ein Eventlokal handelt. Wir nahmen deshalb die nächste Fähre zurück, denn ausser dem schönen Übernachtungsplatz hat es vor allem Ferienhäuser auf der Insel verstreut.

 

Ein gutes Stück mussten wir dieselbe Strecke zurückfahren, bevor wir Richtung Turku abbiegen konnten. Dort angekommen, parkten wir das Auto und stellten schnell fest, dass wir ein gutes Stück vom alten Zentrum entfernt gelandet waren. Nun gut, dann gibt es halt heute ein paar Hundert Schritte mehr auf den Zähler. Per Zufall kamen wir an der schönen Markthalle vorbei, für uns immer ein interessanter Ort zum Erkunden. Auch die in Turku ist gut bestückt und glänzt vor allem durch sein internationales Gastronomieangebot. Das alte Quartier am Fluss ist sehenswert. Es ist nicht gross, aber die Lage am kaffeebraunen Fluss und die alten Alleen sind attraktiv.

Auf dem Weg nach Rauma wählten wir eine Route durch die Inselgruppe nordwestlich von Turku. Bis nach Uusikaupunki merkte man davon allerdings nichts. Danach aber führt die Strasse von Insel zu Insel und gibt auch immer wieder Blicke auf die vielen, weit verstreuten Eilande frei. An der Ostküste einer der Inseln wählten wir unseren Übernachtungsplatz. Auf den glatten Felsen am Ufer genossen wir im Schatten einen Apéro. Bald wurden aber die Kumuluswolken immer dunkler und wir beschlossen, bald zu kochen. Aber es begann bereits beim Essen zu tropfen und wir mussten fluchtartig ins Auto umziehen. Kaum drinnen, prasselte ein Platzregen nieder. Aber auch diesmal war es nur ein kurzes Gewitter. Um acht Uhr sah man bereits wieder die ersten blauen Löcher am Himmel.

 

In Rauma steht eine schöne historische Altstadt mit Holzhäusern, ein grosses Quartier ist weitgehend erhalten geblieben. Die Stadt wurde im 14. Jahrhundert gegründet und ist damit die drittälteste in Finnland. Die Stadt fiel im 18. Jahrhunderte einer Feuersbrunst zum Opfer, aber da seither kein grosses Feuer gewütet hat, sind viele der etwa 600 Häuser entsprechend alt. Kein Wunder gehört dieser Ortsteil zum UNESCO-Weltkulturerbe, denn es ist gleichzeitig die grösste Ansammlung alter Holzhäuser in ganz Nordeuropa. Die meisten Gassen wirken verlassen und ruhig, aber auf dem Platz vor dem alten Rathaus herrschte ein lebhaftes Treiben. Man genoss einen Kaffee und etwas Süsses in der warmen Frühlingssonne.

Da die Landschaft auf dem Weg ins Landesinnere wenig Abwechslung bietet, legten wir die Strecke auf Schnellstrassen zurück. Bei Tyrvään konnten wir ein weiteres Beispiel der Kirchenarchitektur der Region bewundern, leider einmal mehr nur von aussen. Die Kirche besitzt keinen Turm und ist aus Stein erbaut. Das aufwändig konstruierte Holzschindeldach ist mit Asphalt imprägniert. Weil es zurzeit sehr warm war, hatte sich die schwarze Masse verflüssigt und musste über die Regenrinnen in Eimern aufgefangen werden.
Kurz darauf folgten wir dem TET, dem Trans European Trail. Diese Routen sind eigentlich für Offroadmotorräder gedacht, da aber in Finnland nur auf befestigten Strassen gefahren werden darf, ist sie in dieser Region auch Geländewagen tauglich. Anstatt auf breiten, weitgehend geraden Teerstrassen zu reisen, verabschiedeten wir uns in die Wälder und Landwirtschaftszonen. Die Pisten waren zum Teil besser im Schuss als manch eine asphaltierte Strasse, auch wenn es immer wieder schmale und mit losem Schotter befestigte Abschnitte gab.

 

Wir waren gut vorangekommen und suchten schon früh einen Übernachtungsplatz. Der erste war uns zu nah an einer Strasse und der Bahnlinie, aber schliesslich fanden wir einmal mehr direkt an einem See einen schönen Platz. Neben einer Bootsrampe hatte es eine alte Schiffslandestelle, welche uns einen sonnigen Platz garantierte. Allerdings waren auch heute wieder Gewitter im Anmarsch und schliesslich mussten wir für das Nachtessen schon wieder ins Auto flüchten. 

Am Morgen waren die Wolken wieder weg und die Sonne zauberte eine magische Stimmung. Eine Stunde weiter nördlich planten wir eine Wanderung im Seitsemisen Nationalpark. Wir parkten den Landcruiser bei Kovero, denn von da aus starten mehrere Wanderwege. Dort hatte der Nationalparkservice auch eine alte Farm mit allen Nebengebäuden stilecht restaurieren lassen, sodass man einen Eindruck erhält, wie man anfangs 20. Jahrhundert Landwirtschaft betrieben hat. Der Weg führt durch schönen Mischwald. In sumpfigen Zonen war er wie üblich auf Bretterstege verlegt. Wir hatten den Eindruck, dass die Wegplaner jeden kleinen Hügel in der Gegend in die Route aufgenommen haben. Aber mehr als 20 m Anstieg bekommt man auch so nicht zusammen. Nach gut eineinhalb Stunden waren wir zurück und fuhren auf Waldstrassen durch den Park. Anstatt über Teerstrassen, schlugen wir uns weiter durch die Wälder, um den Helvetinjärvi Nationalpark zu erreichen. Dort gibt es kaum Rundwanderwege, sondern nur meist lange, sogar mehrtägige Wanderrouten quer durch. Wir beschränkten uns daher auf die Fahrt durch den Nationalpark. Die Landschaft war aber nicht wirklich anders als die Wälder ringsherum.

Das Wetter wurde nun zunehmend gewitterhaft und immer wieder erwischte uns ein Platzregen. Wir erreichten dann auch unseren Schlafplatz bei strömendem Regen. Der Ort liegt auf einer Insel mitten in einem grossen See. Das Südufer der Insel hat einen unüblich langen Sandstrand und wir parkten direkt oberhalb. Es dauerte wiederum nur kurze Zeit und die Wolken zogen weiter und schon bald strahlte die Sonne vom blauen Himmel. Es kamen dann sogar tatsächlich noch einige Leute, um zu baden. Wir konnten sie dabei beobachten, wie sie sicher 100 m hinauslaufen konnten und noch immer war das Wasser kaum tief genug um zu schwimmen. Wir hatten eine weitere sehr ruhige Nacht vor uns.

Einen grossen Teil der nächsten Tagesetappe verbrachten wir auf dem TET. Aber auch so kamen wir gut voran und trafen gerade mal auf zwei Autos in den Wäldern und Feldern. Nur kurze Abschnitte verliefen auf Teerstrassen und auch dann meist auf Nebenrouten. Wir waren in einer Gegend unterwegs, die kaum von Touristen besucht wird. Es war deshalb auch keine Überraschung, dass wir weder in der Park4Night noch in der iOverlander App viele Optionen zum Übernachten fanden. Schliesslich verbrachten wir die Nacht wieder einmal in einem Campingplatz. Dieser war recht gut ausgestattet, aber schon bald, nachdem wir uns eingerichtet hatten, mussten wir feststellen, dass die Jugend der nahen Ortschaft den Campingplatz gerne nutzt, um eine wenig mit ihren Mopeds und Motorrädern herumzukurven. Zudem war von der nahen Hauptstrasse die lärmigen LKWs gut zu hören. Kurz gesagt, nach den unglaublich ruhigen Übernachtungsplätzen, hatten wir nun Mühe einen erholsamen Schlaf zu finden.

In Oulu wollte Ueli das bestellte Schutzglas für seine Handykamera einbauen lassen. Wie es sich herausstellte, war die ein bis zwei Wochen Lieferfrist dann doch eher zwei als eine Woche, sprich, das Teil war noch nicht eingetroffen und man konnte auch nicht sagen, wann es dann so weit sei. Wir kauften Lebensmittel ein und verschwanden aus der Stadt, um an der Küste einmal mehr in Ruhe zu nächtigen. 

Wir folgten der Küste und überquerten die Grenze zu Schweden. Dort tankten wir voll, denn in Schweden ist der Treibstoff merklich günstiger als in Finnland. Einige Kilometer dem Tornionjoki Fluss nordwärts erreicht man die mächtigen Stromschnellen von Kukkola. Auf der schwedischen Seite hat sich im Laufe der Jahre eine richtige Touristenhochburg entwickelt, sodass die Stromschnellen schon fast eine Nebensache geworden sind. Nebst Hotel, Camping und den üblichen Hütten, befindet sich neben einem bekannten Restaurant eine Ansammlung alter und restaurierter Häuser. In einem ist das Fischereimuseum untergebracht. Die Stelle war offenbar bestens geeignet, um die von der starken Strömung ermüdeten Felchen zu fangen. Mit raffinierten Fallen quer über den Fluss gebaut oder auch mit primitiven Käschern erntete man die Weissfische sehr erfolgreich. Aber auch eine wasserbetriebene Mühle und eine Sägerei kann man besichtigen.

Dem fruchtbaren Flusstal weiter flussaufwärts erreichten wir Övertornea. Im Schnapsladen füllten wir die Alkoholvorräte auf und gegenüber im Supermarkt die Lebensmittel. Danach checkten wir im Camping des Ortes ein, denn nach einigen Tagen im Busch, war wieder mal ein Service vonnöten. Die Norrsken Lodge wurde in der Schweiz bekannt, als die Auswanderer in der Sendung "Auf und davon" porträtiert wurden. Und so ist es nicht verwunderlich, wenn immer wieder Schweizer Touristen hier haltmachen. Max, der Besitzer, hatte uns bereits bei der Begrüssung davor gewarnt, dass die Mücken gerade Hochsaison haben. Solange der Wind wehte, war es kein Problem, aber als er sich legte, gewannen die Biester überhand. 
Am Abend machten wir einen kurzen Spaziergang ins Dorf. Viel zu sehen gab es nicht, aber die spezielle Architektur der Kirche lohnt erwähnt zu werden.

Eine halbe Stunde nördlich erreichten wir den Polarkreis. Ein Monument erinnert an diesen magischen Breitengrad. Darum herum, stehen Fahnenmasten aller Nationen, welche vom nördlichen Polarkreis tangiert werden. Nur eine Stange, die von Russland, war aus gegebenem Anlass leer.
Einen weiteren Zwischenhalt machten wir an einer weiteren Stromschnelle. Das bräunliche Wasser toste in einem Nebenarm des Flusses über eine Geländestufe. Auch hier schien das Gewässer einen Fischreichtum aufzuweisen, gleich daneben ist eine Fischerlodge eingerichtet.
Bevor wir wieder nach Finnland hinüberwechselten, füllten wir noch einmal Diesel auf und wunderten uns, warum das Zentrum von Pajala aus allen Richtungen abgesperrt war. Als wir zu Fuss zur angeblich grössten Sonnenuhr gingen, bemerkten wir, dass etwas im Tun ist. Wir fragten nach, was der Anlass sei und wurden informiert, dass der schwedische König in Kürze zu einem Besuch erwartet wurde. Die Vorbereitungen liefen und wir sahen, wie wenig Pomp und Gloria aufgewendet wurde, um den prominenten Gast zu empfangen. Ein paar Soldaten und zwei, drei Polizeiautos waren genug für die Sicherheit. Was wäre wohl hier los gewesen, wenn Herr Biden sich die Ehre gegeben hätte?

Kaum über die Grenze nach Finnland sahen wir die ersten Rentiere im Wald äsen, wir waren in Lappland angekommen. Nur ein paar Kilometer weiter entdeckte Myrta sogar einen Elch im Wald. Leider verzog er sich schleunigst, als wir zurücksetzten. Hinter Kolari bogen wir auf eine Nebenstrasse ab und später auf Waldwege. Grund war die "Hölle der Lappen". Bevor wir aber diesen mystischen See mitten in der Wildnis erreichten, hielten wir kurz an, um einen heiligen Stein der Samen zu besuchen. Seit vielen Hundert Jahren hat dieser grosse Fels im Wald eine religiöse Bedeutung gehabt und noch heute werden scheinbar an dieser Stelle Opfer gebracht. Unterdessen hatte das Wetter umgeschlagen und gewittrige Niederschläge gingen nieder. Sie hielten aber zum Glück nicht lange an.
Der dunkle See mit seinen hohen Felswänden auf drei Seiten ist eine geologische Besonderheit. Es soll etwa 90 m tief sein und auf 40 m Tiefe einen Zwischenboden aus natürlichem Asphalt aufweisen. Durch einige Löcher in diesem Asphaltdeckel konnte die maximale Tiefe ausgelotet werden.

 

Unweit davon richteten wir uns an einem kleinen See ein. Ueli wollte sich hier das erste Mal als Fischer versuchen. Und tatsächlich dauerte es nur ein paar Minuten und er hatte einen Fisch am Haken. Er war aber so überrascht, weil nur Sekunden nach dem Auswurf ein Ruck durch die Rute ging, dass er zu wenig resolut an der Schnur riss. Die Folge war, dass der Fisch, wenn auch bereits an Land, sich von Haken löste. Da es eh nur ein 20 cm Barsch war, wurde ihm die Freiheit geschenkt. Später war noch ein zweiter Erfolg zu verzeichnen, aber auch dieser war nicht grösser und durfte zurück in sein Element.

Wir waren nun unweit vom Pallas- Yllästunturin Nationalpark und fuhren zu einer alten Mühle um diese zu besichtigen und auch gleich von dort eine Wanderung zu starten. Es stellte sich leider heraus, dass die Mühle noch nicht zugänglich war, vermutlich weil die Saison noch gar nicht eröffnet war.
Wir fuhren deshalb in den nördlichen Teil des Nationalparks und starteten beim Hotel Pallas eine kurze Wanderung. Die Landschaft war unterdessen bergiger geworden, die höchsten Gipfel erreichen immerhin 800 m. Sogar ein Skigebiet mit zwei Skiliften ist im Winter hier in Betrieb. Auch wenn uns die Berge nicht wirklich beeindrucken konnten, waren wir froh um die landschaftliche Abwechslung nach den vielen Wäldern und Seen. Der Weg führte uns in ein Tal hinein und bald sah man im offenen Gelände einige Rentiere grasen. Der Frühling war hier noch weit zurückgeblieben und hie und da lagen gar noch Schneeresten.
Wir durchquerten den Park auf Waldstrassen. Am Pallas See spazierten wir zum bekannten roten Strand. Dieser ist mehrere Hundert Meter lang und tatsächlich von stark rotbrauner Farbe. Im Sommer ist der Platz scheinbar sehr beliebt zum Baden. Man kann dort auch Zelten und eine Schutzhütte, Grillstelle und WC machen den Aufenthalt angenehm komfortabel.

Nachdem wir am Morgen noch von recht gutem Wetter profitiert hatten, wurde es am Himmel zunehmend dunkler. Nachdem wir in Levi, eines der bekanntesten Skigebiete Finnlands, wo auch Weltcupskirennen stattfinden, noch eingekauft hatten. Bald darauf endete die Teerstrasse und machte eine rumpeligen Piste Platz. Und genau jetzt öffnete der Himmel seine Schleusen. Erst als wir später zum Übernachten anhielten, sahen wir, was dies am Hinterteil unseres Campers angerichtet hatte: Dick mit Schlamm bespritzt präsentierte sich dieses nun. Wir mussten jetzt aufpassen, wenn wir schon nur in die Nähe des Autos kamen, sonst war man selber auch bald dreckig. 

Wir folgten dieser recht einsamen Strecke weiter nach Norden, bald entlang des riesigen Lemmenjoen Nationalparks. Immer wieder regnete es und die Temperatur erreichte noch knapp zweistellige Werte. Wir machten einen Abstecher in den Nationalpark. Als wir in Lemmenjoki ankamen, regnete einmal mehr. Wir warteten auf dem Parkplatz eine halbe Stunde und tatsächlich erwischten wir für die geplante Wanderung ein trockenes Zeitfenster. Entlang eines Rundwegs wurden uns auf Tafeln immer wieder Informationen zu Flora, Fauna und Geschichte der Region präsentiert. Als wir zurück beim Auto waren, konnten wir einige finnische Wanderer dabei beobachten, wie sie ihre riesigen Rucksäcke packten und in die Wildnis eintauchten. Es gibt kein schlechtes Wetter, sagt man, nur schlechte Ausrüstung…

Weit abseits der Hauptstrasse fanden wir einmal mehr einen einsamen Platz an einem See. Uelis Fischerei war dort aber komplett erfolglos. Ob es das Wetter war, die Ausrüstung, der See selber oder schlicht seine fehlende Erfahrung, wer weiss das schon. Da es immer noch wechselhaft und noch einmal kühler war, hatten wir leider nicht allzu viel von diesem an und für sich netten Platz. 

Wir waren nur eine halbe Stunde von Inari entfernt. Dort besuchten wir das Samenmuseum. Es zeigt sehr eindrücklich die Geschichte und Kultur der Samen. Da diese aber eng mit der Natur verknüpft sind, wird auch der Tier- und Pflanzenwelt ein guter Teil des Museums gewidmet. In der Aussenanlage ist ein Freilichtmuseum mit gegen fünfzig Gebäuden und Exponaten zu sehen. Von ganz primitiven Zelten der Nomaden bis hin zu recht komfortablen Holzhäusern kann man sich ein Bild der Lebensumstände dieses Volkes machen. Einige raffinierte Fallen werden dort auch gezeigt. Sei es für Schneehühner oder Bären, Lemminge oder Rentiere, für alle hatten die findigen Leute eine passende Falle parat.

Unweit von Ineri besuchten wir die älteste Kirche Lapplands. Den Anblick muss man sich aber erst verdienen, denn das Holzkirchlein liegt 5 km in der Wildnis draussen, fern von Strassen und Dörfern. Aber auch der Weg dorthin ist abwechslungsreich und landschaftlich interessant. Die Kirche von Pielpajärvi selber existiert seit 1760, wurde aber zwischenzeitlich vernachlässigt und erst 1940 wieder umfassend restauriert. Das Innere ist sehr schlicht und hell gehalten. Besonders der kreuzförmige Grundriss ist bemerkenswert.

Wir folgten der Strasse Nr. 971 Richtung Kirkenes. Das Wetter hatte sich im Laufe des Tages markant verbessert und als wir gegen Abend uns Camp gerichtet hatten, konnte Ueli noch einmal seine wiederum erfolglose Kunst des Fischens üben und wir danach an der Sonne den Apéro geniessen. 

Norwegen

Bevor wir bei der Weiterfahrt die norwegische Grenze erreichten, füllten wir einmal mehr unseren Dieseltank, da in Norwegen der Sprit nochmal merklich teurer ist. Nun sollte der Treibstoff vermutlich reichen, bis wir in Schweden wieder günstiger tanken können. Bei dem geringeren Verbrauch in den bis anhin flachen Ländern, müssten uns die 270 Liter gut 2000 km  weit bringen.
Wir schauten noch im Supermarkt rein und konnten kaum glauben über welches Warenangebot der Laden verfügt. Sogar einen echten Appenzeller Käselaib entdeckten wir in der Kühlvitrine. Nachdem wir auch schon Mühe hatten in einem grossen Supermarkt Sojasauce zu finden, hatte es hier fünf Sorten im Regal. Und die Preise waren zudem sehr moderat, in Anbetracht der abgeschiedenen Lage erst recht erstaunlich.

 

Von der Grenze merkt man hier herzlich wenig, auch wenn wir ja hier die EU verliessen und recht nahe an der russischen Grenze waren. Was aber sehr bald und recht eindrücklich änderte, war die Landschaft. Zuerst fiel uns auf, dass der Wald ganz anders zusammengesetzt war, bald kamen tosende Flüsse in Sicht und wir waren von steilen, felsigen Bergen eingerahmt. Den Abstecher nach Kirkenes sparten wir uns, denn zu sehen gibt es dort nicht viel. Es ist wohl die östlichste Stadt Norwegens und der Endpunkt der Hurtigrouten, aber touristisch bietet die Stadt nicht allzu viel. Die Strecke der Barendt See entlang ist sehr abwechslungsreich. Kleine Bergpässe wechseln mit Flusstälern, sumpfige Moore folgen Fjorden. Viele Seen waren noch teilweise eisbedeckt, Rentiere waren überall am äsen. In Mona Bru überquert eine moderne Hängebrücke den Tana Fluss. Schliesslich endeten wir in Ifjord, einem Dorf, das aus vor allem aus einer Tankstelle mit Restaurant, Campingplatz und Hüttenunterkunft besteht. Der Nachmittag war wiederum sonnig und mit 16 Grad recht mild. Erst gegen Abend nahm die Bewölkung wieder zu und bald hing Nebel in den umliegenden Bergen.

Die Wetterprognose für das Nordkap war für den übernächsten Tag recht gut und so hatten wir keinen Grund zu früh dort einzutreffen. Wir beschlossen deshalb, einen Abstecher auf die Halbinsel nördlich von unserem Standort zu machen. Bis an das Nordende wollten wir aber nicht fahren, denn hin und zurück wären 250 km geworden. So fuhren wir der Westküste entlang durch grünes, fruchtbares Landwirtschaftsgebiet bis die Strasse steil anstieg auf ein Plateau. Zwar waren es nur gerade 300 Höhenmeter, aber uns erwartete eine komplett andere Welt. Kaum noch Vegetation war nun anzutreffen. Überall lagen noch grosse Schneefelder und die vielen Seen waren grösstenteils noch zugefroren. Was für ein gewaltiger Wandel auf nur wenigen Kilometern. Die Route senkte sich steil hinunter wieder ans Meer. Zwischen dem nördlichen und südlichen Teil der Halbinsel verhindert nur ein schmaler Landstreifen, dass die Region im Norden nicht eine echte Insel ist. Wir drehten an dieser Stelle um und fuhren auf demselben Weg zurück nach Ifjord.
Der Strasse Nr 98 entlang machten wir uns auf den Weg zum Nordkap. Noch immer lagen über 300 km vor uns. Die Landschaft war nach wie vor eindrücklich und abwechslungsreich. Von einem Rastplatz aus machten wir einen Spaziergang zum Silfar Canyon. Tief hat sich der Fluss in die Felsen gefressen. Kristallklares Wasser leuchtete türkisfarben und das grosse Volumen der Schneeschmelze donnerte zu Tal. An der Küste zurück, suchten wir uns einen Übernachtungsplatz. Es war kühl und recht windig, sodass wir versuchten einen etwas geschützten Platz zu finden. Wir folgten einer schmalen Kiesstrasse bergwärts und wurden fündig. In einer Senke umgeben von interessanten geologischen Formationen parkten wir. Myrta machte sich auf die Suchen nach hübschen Steinen und hatte bald eine nette Sammlung zusammen. Mit dem mitgebrachten Feuerholz konnten wir einmal mehr unsere Steaks auf dem Grill braten. Zum Draussen sitzen war es aber zu kalt und wir genossen das Nachtessen drinnen.
Per Zufall machten wir einen WC-Halt an einer Raststätte, wo ein 4 km langer Naturlehrpfad abgeht. Da das Wetter recht gut ausschaute, nutzten wir die Gelegenheit, uns etwas Bewegung zu verschaffen. Der Weg führt durch verschiedene Landschafts- und Geologieformen. Tafeln erläutern interessante Details dazu. Besonders beeindruckten uns aber die vielen kleinen Blumen, die in diesem rauen Klima gedeihen. Aber auch die Steinformationen am steinigen Strand sind eindrucksvoll.

Vor Olderfjord machten wir einen Abstecher auf die Halbinsel von Trollholmsund und wanderten zu der bekannten Felsformation an der Küste. Die Legende sagt, dass es sich um versteinerte Trolle handelt welche an dieser Stelle einen Schatz vergraben wollten aber durch die aufgehende Sonne zu Stein erstarrten. Die Landschaft ist wunderschön und ein Blick auf die Karte zeigte uns, dass es kein Zufall ist, dass die Geologie identisch ist mit der an unserem letzten Schlafplatz, die beiden Stellen liegen einander gegenüber am Fjord. Die Trolle sehen tatsächlich aus wie eine versteinerte und unterdessen halb erodierte Gruppe von Zwergen. Auch die Flora war sehr interessant und viele Blumen blühten. Eine riesige, wunderschöne Hummel erweckte unser Interesse.

 

Wir fuhren noch bis etwa 60 km vor das Nordkap und konnten mit unserem 4x4 Camper einen der wenigen Plätze anfahren, welcher weit ausser Sicht- und Hörweite der Hauptstrasse liegt. Dieser ist zwar sehr windexponiert, aber das kalte und wechselhafte Wetter zwang uns sowieso im Auto zu verweilen. Myrta entdeckte unweit von uns einen der mächtigen Seeadler auf einem Felsvorsprung. Sie haben eine Flügelspannweite von bis 2,75 m. Ueli pirschte sich heran um ein paar Bilder zu schiessen. Kaum wurde er aber entdeckt, flog der grosse Vogel auf und verschwand nach ein paar Erkundungsrunden über uns.  

Bis zum Nordkap waren es nun nur noch etwa eine Fahrstunde. Hoch und runter ging die Fahrt. Durch einen langen Tunnel unter dem Meer führt die Strasse. Die Landschaft wurde noch einmal karger und unwirtlicher. Wir wollten früh dort sein, in der Hoffnung, dass wir dem zu erwartenden Besucherrummel etwas ausweichen konnten. Kurz nach neun trafen wir am Parkplatz am nördlichsten Ende Europas ein. Es stellte sich leider heraus, dass die nach wie vor hervorragende Wetterprognose in keiner Weise zutraf. Es hatte zwar keinen Nebel und der Wind war nur schwach. Die Sonne wollte sich aber nicht zeigen und die Temperatur erreichte keine 10 °C. Der Parkplatz war mehr als die Hälfte mit unzähligen Campern gefüllt. Alle wollten mindestens eine Nacht am Nordkap verbracht haben. Die Übernachtung und auch der Zutritt zum Nordkap ist übrigens nach wie vor kostenlos. Nur wenn man das Museum, den Souvenirshop und das Restaurant besuchen möchte, bezahlt man etwa 25 CHF Eintritt. Wir begnügten uns mir einem Spaziergang zum weltberühmten Monument in Form der Erde mit seinen Meridianen und folgten der 300 m hohen Felsküste ein Stück. Es gab noch eine von Kindern aus aller Welt geschaffene Skulptur zu bestaunen und das war es dann auch schon. Es scheint vor allem der Mythos «nördlichster anfahrbarer Punkt Europas» zu sein, der Tausende von Besuchern anzieht. Vor allem Wohnmobiltouristen werden magisch davon angelockt. Der Grossteil des Verkehrs zum und vom Nordkap sind dann auch Camper. Ganze Karawanen von ihnen kommen einem entgegen. Auf allen möglichen Routen von Süden kommend, begegnet man ihnen auf Schritt und Tritt. Für uns war es natürlich auch eines dieser «Bucketlist» Dinger, aber viel zu tun oder zu sehen gab es für uns nicht. So war unser Aufenthalt von kurzer Dauer.
Auf dem Rückweg, bis Oldenfjord ist es für 125 km dieselbe Route, besuchten wir Honningsvag, den einzigen grösseren Ort in der Region. Bis dorthin kamen uns bereits gegen zwanzig Busse entgegen. Wie es sich herausstellte, karrten sie Hunderte von Passagieren eines Kreuzfahrers ans Kap. Im Ort wimmelte es dann auch von Schiffsreisenden. Das an und für sich hübsche Städtchen dann immer komplett überlaufen, wenn eines, oder gar mehrere, der riesigen Dampfer anlegt. Das Hurtigrutenschiff, welches eben anlegte, erschien schon fast zwergenhaft neben dem riesigen Kahn.

Nachdem wir nun das Nordkap hinter uns gelassen hatten, klarte auch das Wetter auf und wurde zunehmend sonnig. Die Temperaturen blieben aber noch immer bescheiden, aber schliesslich waren wir noch immer auf mehr als 70° nördlicher Breite unterwegs, also einiges nördlicher, als wir zum Beispiel in Alaska je gewesen waren.
In der Gegend von Alta richteten wir mitten im Wald ein weiteres Camp ein und genossen bei passendem Wetter ein Käsefondue. Kaum fertig mit essen, fielen ein paar Tropfen, aber etwas Ernsthaftes wurde es nicht.

Zurück in Alta kauften wir ein, denn es war die letzte grössere Ortschaft für eine ganze Weile. Ausserhalb des Ortes besuchten wir das interessante Alta Museum. Nebst einigen indoor Ausstellungen, sind vor allem die Felsritzungen in der Umgebung sehr eindrücklich. Bis 8000 Jahre sind sie alt, sie wurden also schon kurz nach dem Ende der letzten Eiszeit angebracht. Wären die feinen Gravuren aber nicht mit roter Farbe nachgemalt und die Felsen von Moos und Flechten befreit, würden man sie heute kaum noch erkennen. Im Museum zeigt eine umfassende Ausstellung die Geschichte der Region auf, die Kultur der Samen, das Geschäft mit dem Bergbau, aber auch das Handwerk der Gegend.

Der Küste entlang gings es dann westwärts, fast immer einem der vielen Fjorde entlang. Zwischendurch steigt die Strasse zu einem kleinen Pass hoch, um bald wieder zum nächsten Meeresarm herunterzuführen. Das Wetter war nach einem kurzen Schauer recht sonnig, erst im Laufe des Nachmittags fuhren wir unter tief hängendem Hochnebel durch die Landschaft. In Bitavarra, am Anfang des schmalen und langen Lyngen Fjords, machten wir unseren Etappenhalt. Der Campingplatz bot alle notwendigen Dienstleistungen, um nach einigen Tagen im Busch wieder, zu retablieren: Duschen, Wäsche waschen, Website auf den neusten Stand bringen, etc.

Wir folgten weiter der E6 südwärts. Noch war der tief hängende Nebel allgegenwärtig, aber bald löste er sich immer mehr auf und wir konnten die herrliche Fjordlandschaft geniessen. Da wir die Lofoten auf der ganzen Länge, inklusiv der nördlich davon gelegenen Inselgruppen, bereisen wollten, steuerten wir erst die Insel Senja an. Von dort war der Plan, nach Andenes überzusetzen. Senja selber ist eine landschaftlich sehr schöne Insel. Unsere Route folgte der Nordküste, anstatt die direkte Durchquerung zu nehmen. Die Ostküste war noch nicht aussergewöhnlich. Uns fiel einzig auf, wie der Frühling in voller Blüte Einzug genommen hatte. Die Wiesen waren voller Blumen, zum Teil richtig gelbe Teppiche bedeckten die Landschaft. Richtig spektakulär wurde die Landschaft aber erst, als wir die Fjorde der Nordküste erreichten. Schneeweisse, feinsandige Strände, mächtige Felstürme und kristallklare Seen säumten die Strecke. Immer wieder mussten wir weit ins Landesinnere ausweichen und dann wieder der Küste folgend zum Eingang des Fjords zu gelangen. Spektakuläre, glatt geschliffene Felsformationen, direkt am Meeresufer bilden herrliche Fotomotive. Einige lange, dunkle Tunnel kürzten diese Umwege teilweise ab. Gegen vier Uhr erreichten wir den Fährhafen von Gryllefjord. Der Parkplatz war bereits knallvoll mit Campern, obschon ja erst kürzlich eine Fähre abgelegt hatte. Die Überfahrt lässt sich nicht reservieren und so bleibt nichts anderes übrig, als hinzufahren und dann auszuharren, bis man auf einem Schiff Platz hat. So hofften wir, auf der Abendfähre noch Platz zu haben. Wir hatten ein riesiges Glück, denn als die Barriere bereits geschlossen war, gings sie nochmal auf und ein Crewmitglied lotse uns als allerletztes Fahrzeug an Bord. Wir hatten genau in die letzte verbleibende Lücke gepasst, ein Meter länger und wir hätten bis um 11 Uhr am nächsten Morgen warten müssen. So kamen wir spätabends doch noch in Andenes an und übernachteten auf einem Parkplatz in Hafennähe.

Der nächste Morgen war zunächst neblig und wolkenverhangen. Wir folgten der Westküste Andoyas. Langsam lichtete sich der Nebel und vereinzelt brachen bereits blaue Löcher am Himmel auf. Der Bukkekjerka Rastplatz ist bekannt wegen seiner ausgefallenen Betonarchitektur. Aber vor allem die supermodernen Toiletten haben es in sich. Man kann das vollflächige Panoramafenster per Knopfdruck entweder transparent schalten oder wenn man dem Sichtschutz der Aussenverspiegelung nicht traut, auch als Milchglas belassen. Die Aussicht auf die Küste ist aber so spektakulär, dass wohl die meisten Besucher das Panorama auf dem Thron sitzend geniessen wollen.

Aus dem Augenwinkel bemerkte Myrta einmal mehr einen Seeadler, der auf einem Felsen nach Beute Ausschau hielt. Kurz danach waren noch zwei weitere der eindrücklichen Raubvögel zu sehen. Als wir am Fährenanleger in Flesnes eintrafen, zog nur noch ein schmales Wolkenband über den Meeresarm, ansonsten war der Himmel weitgehend blau. Den Umweg hatten wir gemacht, um in Harstad vorbeizukommen. Es stellte sich aber heraus, dass uns die Stadt nicht sehr viel zu bieten hatte. Eine alte Kirche noch vor der Stadt war leider einmal mehr verschlossen. Die gigantischen Kanonen, Adolfkanonen genannt, kann man bedauerlicherweise auch nur nach vorheriger Reservation besichtigen. Das gigantische Kaliber von fast 50 cm und eine Rohrlänge von 20 m sollen gereicht haben, um bis nach Narwik schiessen zu können. Die Route führte uns der Ostküste entlang Richtung Lofoten Inseln. Über eine eindrückliche Brücke traf die einzige Landverbindung auf unsere Strecke. Noch war die Landschaft nicht spektakulär, aber auf jeden Fall sehenswert. Am Fiskefjorden fanden wir etwas unterhalb der Hauptstrasse einen herrlichen Übernachtungsplatz, nur etwas getrübt von den Strassengeräuschen von 100 m oberhalb. Das Plätzchen ist nur über eine steile Abfahrt zu erreichen und alles, was grösser als ein VW Bus ist, muss wohl rückwärts wieder hoch, wenn das denn noch funktioniert. Der Fiskefjord, hielt enttäuschenderweise nicht, was sein Name, Fischfjord auf Deutsch, versprach. Ueli hatte auf jeden Fall wieder keinen Erfolg beim Fischen. 

Die Landschaft wurde nun zunehmend eindrücklicher, halt so wie man es von den Lofoten Bildern kennt. Berge und Fjorde, rote Häuser und tiefblaue Seen so weit das Auge reicht. Zu den Lofoten zählen alle Inseln, welche südwestlich vom Raftsund liegen, welchen man über eine der vielen Brücken überquert. Wir fuhren zu den Inseln hinaus, auf welcher einer der bekanntesten und auch schönsten Orte der Lofoten liegt, Henningvaer. Schon die Anfahrt, vorbei an türkisblauen Buchten mit weissen Sandstränden und über geschwungene Brücken, ist spektakulär. Wir parkten unseren Camper beim Fussballplatz, am Südzipfel des Orts. Dort sich auch viele der Fischtrocknungsgestelle aufgebaut, mit etwas Abstand von den Wohnquartieren und auf einem Felshügel, wo der Wind immer zügig bläst. Die Saison war aber bereits zu Ende. Gefischt wird der Kabeljau im Winter und bis in den Frühling luftgetrocknet und danach in alle Welt exportiert. Das Dorf selber ist mit seinem engen und gut geschützten Hafen sehr fotogen. Die farbigen Häuser und die schmucken Fischerboote sind begehrte Fotosujets.

Einige Kilometer abseits der lärmigen Hauptroute fanden wir Platz in einem sehr schön gelegenen Campingplatz, dem Rystad Lofoten Camping. Er liegt an der Nordküste einer Halbinsel und gibt den Blick frei auf einen genau nach Norden ausgerichteten Fjord. Links und rechts wird dieser von Bergen eingerahmt. Das perfekte Szenario um doch noch einen Zeitraffervideo der Mitternachtssonne zu machen, vor allem weil auch das Wetter mitspielte. Auf dem Grasdach eines kleinen Gebäudes direkt neben unserem Stellplatz hatte ein Austernfischerpaar sein Nest gebaut und ein Junges ausgebrütet. Was die Eltern, eigentlich Bodenbrüter, offenbar nicht bedacht hatten, war, wie sie ihr Junges vom Dach runter ans Wasser bringen sollen. Nachbarn erzählten, dass sie die Vögel seit zwei Tagen dabei beobachteten, wie sie das Junge dazu bringen wollten, runter zu springen.

Ueli startete die GoPro um 21 Uhr und musste dann um Mitternacht nochmal raus, um die Aufnahme noch einmal für zwei Stunden zu starten. Um zwei Uhr war die Aufnahme im Kasten und da er zufällig wach wurde, holte er seine Ausrüstung ins Auto. Wenig Schlaf war der Preis, aber das Ergebnis sieht man unten. Es sind doch einige Faktoren die passen müssen, um solch einen Video zu machen: Die Jahreszeit muss passen, plus/minus ein paar Wochen um den 21. Juni. Man muss sich nördlich des Polarkreises befinden. Dann muss die Sicht nach Norden frei sein, mit einem tiefen Horizont, idealerweise am Meer. Und zu guter Letzt muss natürlich das Wetter stimmen. Mindestens einer dieser Faktoren hatte bis dahin nicht gepasst, aber nun hat es in der letztmöglichen Nacht doch noch funktioniert.

Wir folgten den Inseln weiter und machten zwei Abstecher zu berühmten Stränden. Zuerst besuchten wir den Unstad Strand, dem nördlichsten Wellenreiterspot in der Welt (bei unserem Besuch war das Meer allerdings spiegelglatt). Wenig später machten wir den Abstecher zu den Stränden in der Vik Bucht. Vor allem der Haukland Beach war sehr gut besucht. Viele junge Leute tummelten sich am schneeweissen Strand und Hartgesottene badeten natürlich auch. Am Vik Strand hatte es bedeutend weniger Leute, nicht zuletzt, weil es dort keine Infrastruktur zum Campen gibt und ein Grossteil durch private Grundstücke nicht zugänglich ist. Der weisse Sand und das türkise Wasser erinnern an die Karibik. Wie würde es hier wohl aussehen, wenn Luft- und Wassertemperaturen karibische Werte aufweisen würden?   In Napp statteten wir dem Lofoten Seaweed Laden einen Besuch ab. Wir hatten vor einigen Monaten einen Dokumentarfilm über die zwei Frauen gesehen, welche auf den Lofoten verschiedenste Algenarten ernten und zu unzähligen Produkten verarbeiteten. Gewürze, getrocknete Algen, Kosmetika und vieles mehr davon wird im Laden zum Kauf angeboten. Um später zwischendurch mal wieder Lofoten Feeling zu erleben, deckten wir uns mit Gewürzen ein.  

Bei Mölnarodden machten wir einen kleinen Fussmarsch hoch zum Solbjörnvatnet, einem grossen Stausee hoch über dem Ort. Hier war die Frühlingsblüte der Waldblumen im vollen Gange.
Fast am Südende der Inselgruppe liegen weitere sehenswerte Dörfer, alle schön herausgeputzt mit ihren farbigen Häusern, mal schwedenrot, mal senfgelb, dann wieder grau. Und immer haben sie auch einen pittoresken Hafen. Einer der schönsten Orte ist Reine. Da gerade ein Hurtigruten Schiff im Hafen lag, herrschte Hochbetrieb im Ort. Auch eine Rallye mit historischen Bugattis machte Zwischenhalt, als wir da waren.
Das schliesslich letzte Dorf, auch dieses sehr sehenswert, ist «Å», die Ortschaft, die wohl immer zuoberst steht in Ortsnamenslisten. Viele der alten Gebäude im Ortskern sind ein einziges, grosses Freiluftmuseum. Wir hatten gehofft in der Bäckerei, auch Teil des Museumskomplexes, ein Brot aus dem uralten Holzofen kaufen zu können. Die Bäckerei, sie bäckt zudem jeden Tag 600 Zimtschnecken, ist täglich schon Mittags ausgeschossen.

Wir fuhren zurück nach Moskenes von wo aus wir die Fähre nach Bodö gebucht hatten. Tage zuvor hatten wir feststellen müssen, dass alle Abfahrten am Tage ausgebucht waren. Um sicher zu sein, nicht wieder Stunden auf die nächste Fähre warten zu müssen, buchten wir eine Überfahrt um 19:30. Da diese auch noch den Umweg über die Insel Vaeröya machte, war die planmässige Ankunft um 0:45. Aber es war die richtige Entscheidung, denn auch wenn der grösste Teil der Kapazitäten nicht reservierbar ist, muss man in der Regel ein oder gar zwei Abfahrten am Hafen abwarten, bis man einen Platz bekommt. Und das in Richtung Süden in der Vorsaison!

 

Ein weiteres Mal konnten wir die Mitternachtssonne geniessen, diesmal vom Schiff aus. Bei strahlendem Sonnenschein erreichten wir bereits weit nach Mitternacht Bodö und fuhren noch an den Stadtrand zu einem ruhigen Parkplatz, um dort noch ein paar Stunden zu schlafen.
In der Nacht hatte das Wetter umgeschlagen, Regen und tiefliegende, graue Wolken erwarteten uns beim Aufstehen. Wir waren nur glücklich, drei wundervolle Tage bei bestem Wetter auf den Lofoten erlebt zu haben.

Bei strömendem Regen besuchten wir die Saltstraumen. An dieser Meerenge, sie ist nun etwa zweihundert Meter breit, kann man die angeblich stärkste Gezeitenströmung beobachten. Ach wenn der Gezeiten Unterschied nicht einmal 1 m ausmacht strömt das Wasser mit unglaublicher Geschwindigkeit durch die Enge. Der Grund ist das riesige Wasservolumen des Skjerstadfjorden, welches zweimal am Tag durch Ebbe und Flut ausgetauscht wird. Touristen werden als Attraktion mit starkmotorisierten Schlauchbooten hoch und runter gefahren um einen Eindruck der gewaltigen Wassermassen zu bekommen. Wir schauten uns das Schauspiel vom Festland aus an, auch das ist schon eindrücklich. Am eindrücklichsten ist es, wenn man bei etwa Halbzeit zwischen Ebbe und Flut vor Ort ist.  

 

Der weitere Verlauf der Route entlang der bekannten Küstenstrasse Nr. 17 wäre landschaftlich sicher ein Höhepunkt. Leider war der Himmel meist grau verhangen und es regnete fast ununterbrochen. So durchfuhren wir diese schöne Region, ohne dass wir wirklich viel davon erkennen konnten. Nun, auch dieses Wetter gehört zu einer Skandinavienreise und bis anhin konnten wir uns ja auch gar nicht beklagen. Um nach Agskardet zu gelangen, mussten wir eine erste, kurze Fähre nehmen. Wir hatten Glück und konnten direkt auf das Schiff fahren, welches auch innert Minuten ablegte. Bis nach Jektvika waren es noch einmal dreissig Kilometer. Hier hatten wir weniger Glück. Die erste Fähre konnte nur etwa zwei Drittel der wartenden Fahrzeuge aufnehmen. Auch wir mussten noch einmal eine Stunde warten, hatten dann aber ohne Probleme Platz gefunden. Das Wetter hatte unterdessen merklich aufgeklart und die ein stündige Überfahrt nach Kilboghamn bot uns schöne Ausblicke auf die eindrückliche Fjordlandschaft. Nur zehn Minuten vom Fähranleger kamen wir im Polar Camp unter. Wilde Camps sind in dieser Gegend fast ausschliesslich Park- oder Pic-Nic Plätze direkt an der Strasse, nicht so unser Ding. Unser Stellplatz war direkt am Meeresarm und wenn das Wetter sonniger gewesen wäre, hätten wir noch einmal die Mitternachtssonne erleben können. Den Polarkreis hatten wir zwar auf der kurzen Fährstrecke wieder südwärts überschritten, aber die Sonne geht trotzdem so nah am längsten Tag nie komplett unter.
Mitten in der Nacht wachte Ueli auf, da der Wind auf Südwind gedreht hatte und zu Orkanböen angeschwollen war. Nur standen wir mit dem Heck im Wind und dadurch schüttelte es und ganz schön durch und der Lärm von Wind und Regen verhinderte, dass wir weiterschlafen konnten. Wir schlossen das Dach und so wurde es wieder bedeutend angenehmer in unserer kleinen Hütte. Der Morgen war grau und es schüttete in Strömen. Auf dem Weg nach Mo i Rana klarte es zum Glück immer wieder etwas auf und auch der Regen machte mal Pause. Ein gutes Stück folgten wir der viel befahrenen E 6, einer der Hauptzubringerrouten nach Norden. Aber schon bei Korgen bogen wir auf eine Nebenstrecke ab. Die Route wurde zunehmend bergiger und die schmale Strasse verlangte die ganze Aufmerksamkeit des Fahrers. Bis über 600 müM kletterte sie schliesslich und folgte dann in einem andauernden hoch und runter durch die Gebirgslandschaft. Entlang des Stausees Rössvatnet ging es Richtung Hattfjelldal. Plötzlich rief Myrta aus «ein Elch». Ueli hielt an und tatsächlich graste einer am Waldrand. Er beäugte uns argwöhnisch und obschon wir über 100 m zwischen uns hatten, drehte er um und verschwand im Wald. Wir blieben ruhig stehen und tatsächlich traute es sich bald wieder aus der Deckung und beobachtete uns noch immer unsicher. Irgendeinmal entschied er sich aber doch noch, besser im Wald unterzutauchen.

Schweden

Über einen kleinen Grenzübergang erreichten wir Schweden wieder. Die Strasse führte kaum Verkehr und die Landschaft war abwechslungsreich. Wald wechselte mit Seen ab, nur auf Ortschaften trifft man kaum noch. Etwas abseits der kaum befahrenen Strasse richteten wir uns an einem Fluss ein. Direkt neben den Stromschnellen hat es eine Grillstelle und neben dem Unterstand hatte unser Auto grad so Platz. Das Wetter hatte sich etwas beruhigt und vor dem nach wie vor starken Wind waren wir im Wald gut geschützt. Nur die Intensität des Rauschens hatten wir etwas unterschätzt. Als wir zu Bett gingen, schlossen wir deshalb das Dach, um ruhiger schlafen zu können.

Bis nach Wilhelmina an der Hauptroute war es nun nicht mehr allzu weit. Dieser folgen wir dann weiter südwärts und erreichten Östersund bereits im frühen Nachmittag. Die Strecke war recht monoton, denn sie führte grösstenteils durch Wälder und nur ab und zu erhaschte man einen Blick auf Seen und Flüsse. Nur einige kleine Ortschaften zwangen uns einige Male die Geschwindigkeit zu reduzieren, ansonsten cruisten wir mit 80–90 km/h durch die Gegend, denn Verkehr hatte es kaum, obschon es eine der wichtigen Nord-Südverbindungen ist.

Wir machten früh halt an diesem Tag und übernachteten einmal mehr an einem sehr ruhigen Platz am Storsjön See.

Auf dem weiteren Weg zurück nach Norwegen wurde die Landschaft zunehmend gebirgiger. Plötzlich wurden wir von einem mitten auf der Strasse gehenden Rentier überrascht. Der alte Herr liess sich weder von uns noch vom Gegenverkehr beeindruckten und trottete gemütlich weiter mitten auf der Fahrbahn dahin. Erst nach einigen hundert Meter bog er schliesslich ins Gebüsch ab und verschwand. Bei Hede bogen wir auf eine ungeteerte, aber sehr gut befahrbare Nebenstrecke ab. Die Piste stieg steil zu einer Hochebene an und führte durch weitgehend unbewohnte Gebiete. Die Landschaft war abwechslungsreich und die Strecke führte auch immer wieder an Seen vorbei.  Wir kamen auch öfters mit zum Teil grossen Herden Rentiere in Kontakt. Oft gingen auch diese gerne mitten auf der Strasse, sodass man immer auch der Hut sein musste. In der Ferne sah man auch bereits die Schneeberge in Norwegen leuchten. Bevor wir aber die Grenze überquerten, füllten wir noch günstigen Diesel auf, sodass der Treibstoff bis nach Deutschland reichen sollte.

Das Städtchen Röros war erst einige Tage zuvor auf unserem Radar aufgetaucht. Da es sich um ein weiteres UNESCO-Weltkulturerbe handelt, waren wir neugierig. Der Ort ist tatsächlich ein Bijou. Der ganze Ortskern ist weitgehend erhalten geblieben. Die Hauptattraktion sind aber die alten Erzverarbeitunganlagen. Seit dem 18. Jahrhundert wurde in der Region in mehreren Minen Kupfererz abgebaut. In die Stadt transportiert, wurde es dort verhüttet. Nachdem noch 1936 letzte ausbeutungswürdige Kupfervorkommen entdeckt wurden, brannte die Anlage 1953 komplett ab und die Verarbeitung wurde eingestellt. In den 1970er Jahren wurde alles, inklusive der alten Häuschen der Bergarbeiter, neu aufgebaut und zu einem Museum.  

Das nächste Zwischenziel war der Dovrefjell Nationalpark. Dort besteht die einzige Möglichkeit in Europa, Moschusochsen in der Natur zu sehen. Wir unternahmen eine Wanderung durch ein Gebiet des Parks, wo diese seltenen Tiere öfter mal gesichtet werden. Obschon die karge Gebirgslandschaft keine Verstecke bieten, hatten wir kein Glück. Nur frische Hufspuren bekamen wir zu sehen. Es lohnte sich aber trotzdem durch die Tundra ähnliche Gegend zu streifen. Schneeweisse Flechten erweckten manchmal den Eindruck, dass noch Schneefelder in der Landschaft liegen.
Anderntags wanderten wir recht früh schon zum Snöhetta Aussichtspunkt hoch. Die Wanderung ist kurz und der Weg einfach zu gehen. Da es in der exponierten Lage wohl häufig stark windet, wurde ein futuristisches Gebäude aus massiven, elegant geformten Holzstämmen gebaut. Richtung Berge bietet das grosse Panoramafenster eine eindrückliche Aussicht auf die Berge. Wir vermuten, dass die Moschusochsen sich bereits in diese Regionen zurückgezogen hatten, wir hatten auch an diesem Tag nicht das Glück sie zu sehen.

Auf gut ausgebauten Strassen führte unsere Route weiter nach Südwesten.
Bei Lom bogen wir auf die schmale und steile Bergstrasse durch das Sognefjell Massiv ab. Im Tal war der Frühling schon fast vorbei, aber oben auf 1500 m herrschten noch winterliche Bedingungen. Wir staunten nicht schlecht, als wir an der Strasse eine gigantische Säule entdeckten. Wir machten einen Halt, um die skurrile Geschichte des Monuments zu erfahren. 1926 eröffnete die norwegische Regierung einen Wettbewerb, um ein Monument zur Feier der Verfassung zu beschaffen. Der Bildhauer Wilhelm Rasmussen gewann den Auftrag mit seinem Vorschlag, eine 34 Meter hohe Säule zu gestalten, welche die Geschichte des Landes dokumentieren sollte. Bevor sie aber fertiggestellt und wie geplant vor dem Parlament errichtet werden konnte, wurde der Plan verworfen, da es sich herausstellte, dass der Künstler mit den Nazis sympathisierte. Erst viele Jahre später wurde die Säule wieder entdeckt und der Besitzer des nahen Hotels kaufte und restaurierte sie und errichtete sie am jetzigen Standort.

Die Seen waren zum Teil noch gefroren und überall lagen noch immer meterhohe Schneefelder. Schon wieder auf dem Weg ins Tal nahmen wir die kostenpflichtige Abkürzung auf der Tindevegen welche direkt hinunter nach Övre Ardal führt. In einem Seitental übernachteten wir im Utladalen Camping, welcher empfehlenswert ist. Ganz in der Nähe kann man den Hjelle Wasserfall direkt an der Strasse besichtigen, aber es gibt in der Region auch viele, oft anspruchsvolle Wanderwege.

 

Typischen Fjorden entlang führt die Strasse nach Laerdal. Dort hat man die Wahl den mit 25 Km längsten Strassentunnel zu nehmen oder, wie wir, über die alte Bergstrasse zu fahren. Auch hier tauchten wir noch einmal in den Winter ein. Schon wieder unter der Baumgrenze, erreichten wir einen beliebten Aussichtspunkt, welcher die Sicht auf den darunter liegenden Auslandsfjord ermöglicht. Der Parkplatz war übervoll und es herrschte ein dichtes Gedränge auf der Aussichtsplattform. 

Erst in Flam erkannten wir den Grund des Trubels: Eines der riesigen Kreuzfahrtschiffe hatte dort angelegt und seine tausenden Passagiere ausgespuckt. In alle Richtungen wurden diese nun verfrachtet, um ihre persönlichen Abenteuer beim Landgang zu erleben. Unter vielem Anderen eben auch die Fahrt hoch zum Stegastein Aussichtspunkt. Auch in Flam wimmelte es von Leuten und sogar die Crew des Schiffes durfte an einer gigantischen Grillparty frische Luft und Sonne geniessen.
Auf einer Nebenstrecke ging es erneut hoch in die Berge. In der Steigung hatten wir beim Blick auf das GPS Display erst den Eindruck, dass die Karte fehlerhaft ist. Es stellte sich aber heraus, dass das Strassenknäuel tatsächlich übereinanderliegende Tunnel waren. Diese wurden gebaut, weil schlicht kein Platz vorhanden gewesen wäre, die Höhe anders zu überwinden. Einmal mehr durchquerte die Strasse eine karge Hochebene. Diese liessen wir hinter uns, um an einem schönen Fluss in tieferen Lagen einen angenehmen Abend und eine ruhige Nacht zu verbringen.

Unser nächstes Ziel war ein Ort, nördlich von Oslo. Wir hatten vor einigen Jahren in Montenegro ein reisefreudiges Paar aus Norwegen kennengelernt und waren auf Facebook in Kontakt geblieben. Da wir nun in der Nähe ihres Wohnortes vorbeikamen und sie auch noch zu Hause waren, machten wir einen Besuch bei ihnen. Wir genossen es, nach der langen Zeit mit ihnen den Abend zu verbringen und über Gott und die Welt zu plaudern. Das Wetter war herrlich und warm, sodass wir den Nachmittag im Gartenhaus verbrachten.

Aber wieder sollte das Wetter kippen und es waren an der Küste gar heftige Gewitter, Stürme und Starkregen angesagt. Deshalb wählten wir auf dem Weg nach Schweden eine Strecke weiter im Landesinnern. Eigentlich war der Plan gewesen, von Oslo nach Kopenhagen die Fähre zu nehmen. Diese war aber auch Richtung Süden bereits seit längerem bis Mitte Juli ausgebucht gewesen. Wir mussten deshalb unsere Pläne ändern und beschlossen über Malmö nach Dänemark zu fahren. Ein letztes Mal übernachteten wir an einem skandinavischen See in der Natur. Wir beobachteten eine grosse Gruppe junger Leute, die auf einem ausgedehnten Kanutrip waren und ihre schwerbeladenen Boote an unserem Camp vorbei vom einten See zum anderen portierten. Noch am Abend ging ein weiterer, heftiger Schauer nieder und wir fragten uns, wie die Gruppe die Nacht überstanden haben mag.

Auf unserer Weiterfahrt machten wir in Halmstad noch einen letzten Halt auf schwedischem Boden, bevor wir nach einigen Umwegen und Sackgassen auf einem Wanderparkplatz für die Nacht unterkamen.

Dänemark

Über den Öresund erreichten wir bei Kopenhagen Dänemark. Die eindrucksvolle Brücke schwingt sich hoch über dem Wasser, sodass auch grosse Schiffe problemlos untendurch fahren können. Auf einer Insel verschwindet dann die Strasse in einem Tunnel und unterquert einen weiteren Meeresarm. Wir blieben auf der Autobahn, um die Insel Mön zu erreichen. Ein kurzer Spaziergang durch den netten Ort Stege war eine angenehme Unterbrechung der langen Autofahrt. Danach fuhren wir zu den Klippen von Möns Klint an der Ostküste. Ein erster Versuch die Landschaft auf einer Wanderung zu entdecken scheiterte, da die Treppen beim Schloss Liselund beschädigt waren und zudem unzählige Bäume den Durchgang am Strand verwehrten. Weiter südlich kamen wir doch noch auf unsere Kosten. Durch schöne Wälder und Wiesen führt ein Weg zu der Steilküste und bietet immer wieder Tiefblicke auf das grünblaue Meer. Die weissen Sedimentklippen kontrastieren im sonnigen Wetter herrlich mit dem Grün der Wälder und dem tiefblauen Wasser.
Später suchten wir wieder einen Übernachtungsplatz. Die Optionen sind aber rar, entweder steht ein Campingverbotsschild oder aber man stellt sich auf einem Parkplatz in die Reihe mit vielen anderen. Deshalb wählten wir schliesslich einen Campingplatz, welcher sich zudem als gute Wahl herausstellte.

Überquerung der Öresund Brücke

Nachdem wir bei sommerlichen Temperaturen und strahlend blauem Himmel den Abend draussen verbracht hatten, versprach der Wetterbericht einen Wechsel zu trübem und regnerischen Wetter. Als wir aufwachten, mussten wir feststellen, dass die Wetterapp leider eine korrekte Prognose gestellt hatte.

Erst hofften wir auf Besserung, wie es schon öfters der Fall gewesen war, aber wir wurden enttäuscht. Eigentlich hätten wir gerne die Insel Lolland erkunden und hatten deshalb die Fähre nach Puttgarden erst für den Abend gebucht. Nun, bei diesem Wetter ergab es wirklich keinen Sinn und so fuhren wir auf gut Glück nach Rödby und versuchten eine frühere Verbindung zu erwischen. Das war dann nach Aufzahlen kein Problem und 10 Minuten später waren wir an Bord.

Das Wetter wollte auch in Deutschland nicht besser werden, und so fuhren wir halt weiter nach Westen in der Hoffnung, dass es doch noch besser würde. Und tatsächlich, als wir Glückstadt gegen Abend erreichten, hatte es aufgeklart und wir genossen den Apéro am Marktplatz bei zeitweiligem Sonnenschein. Da wir direkt nach der Elbfähre übernachten wollten, bot es sich an, in der Stadt zu essen. Wir hatten aber noch nicht fertig gegessen, als der nächste Platzregen niederging. An der Fähre stauten sich eine lange Kolonne. Offensichtlich waren am Sonntagabend viele Leute auf dem Heimweg ans Südufer. So mussten wir einige der Schiffe abwarten, bis wir Platz fanden.

Wir schauten uns die Wetterprognose für Norddeutschland und Holland an und mussten einsehen, dass sich das unbeständige Wetter auch in den nächsten Tagen nicht bessern würde. Deshalb, wurde der Beschluss gefasst, auf den Abstecher in die Niederlande zu verzichten. Ueli plante spontan eine direkte Route Richtung Heimat. Aufgrund der Sommerferien schien es sogar auf den deutschen Autobahnen für einmal etwas ruhiger zu und herzugehen. Wir kamen dann auch wirklich problemlos und zügig voran. Immer wieder, wie angekündigt, gingen zum Teil heftige Schauer nieder. Gegen Abend fand Myrta einen Stellplatz in Motten, einem kleinen Ort auf etwa halben Weg nach Hause, den wir ansteuerten. Mitten im Ort stellt die Gemeinde einige Stellplätze kostenlos zur Verfügung. Im einzigen Restaurant nahmen wir das Nachtessen ein. Bald waren wir im Gespräch mit einem Tischnachbar und kurz darauf kam ein Paar, welches ebenfalls im Camper nächtigte, ebenfalls fürs Nachtessen.

Wir wählten die Autobahn über Stuttgart, um die oft stark belastete A5 durch das Rheintal zu vermeiden und konnten tatsächlich bis Donaueschingen ohne die kleinste Verzögerung durchfahren. Dort kauften wir noch Lebensmittel und später füllten wir die Dieseltanks ein letztes Mal und waren am späten Nachmittag wieder zu Hause.