Grillen Argentina Style

Nun, dieser Artikel wird Veganer und Vegetarier wohl eher abschrecken oder gar ärgern. Aber das «Asado» ist ein wichtiger Teil der argentinischen Kultur und für Fleischliebhaber ein Paradies.

Die Argentinier sind für ihre Grillkunst weltbekannt. Aber was macht eigentlich den Unterschied?

In einem Gespräch mit einem argentinischen Freund kamen wir zu folgendem Schluss:
In Europa grillt man mit hoher Temperatur und kurzer Bratzeit, in Argentinien hingegen mit niedriger Temperatur, dafür lange!

Aber auch das Fleisch und die Fleischstücke unterscheiden sich von unserer Art zu Grillen. So wird das Fleisch nicht oder wenn überhaupt vor dem Servieren mit wenig Salz gewürzt. Der Eigengeschmack des Fleisches ist so fein, dass es keine Gewürze braucht. Oft wird zum Fleisch Chimichuri Sauce gereicht, das war es. Auch bei den Beilagen ist man in Argentinien eher zurückhaltend.

Der Werbespruch der Schweizer Fleischproduzenten: «Schweizerfleisch, alles andere ist Beilage» könnte in Argentinien heissen: «Wieso Beilage, wenn es doch genug Fleisch hat».

Beim Einkauf rechnet man mit mindestens 500 g Fleisch pro Person. Beim Braten wird alles auf einmal auf den Grill gelegt. Die verschiedenen Stücke werden dann nach und nach serviert. Alleine 55 kg Rindfleisch isst der Argentinier im Durchschnitt pro Jahr! Sollte etwas übrig bleiben, geniesst man es kalt zum Mittagessen am nächsten Tag.

 

Das «Asado» ist ein gesellschaftliches Ereignis. Ob mit Verwandten oder Freunden, gegrillt wird immer in grösserer Gesellschaft. Und so ein Essen zieht sich in die Länge. Unter 4h wird man kaum fertig sein mit essen. Erst wird mal das Feuer angefacht, am liebsten mit Hartholz, in einigen Regionen bevorzugt man Holzkohle. Mit Gas zu grillen, daran denkt hier schon gar niemand.

Welche Stücke sind am beliebtesten?

Im Gegensatz zu Europa, wo man in erster Linie Würste und in Steaks geschnittene Edelstücke brät, kommen in Argentinien, neben den Würsten, vor allem grosse Stücke von 1 bis 2 kg auf den Grill. Dabei sind Teile mit Knochen am beliebtesten, da diese eindeutig mehr Geschmack versprechen. Auch ein grosszügiger Fettanteil dient als Geschmacksverstärker, auch wenn dieser schlussendlich gar nicht immer gegessen wird. Das bei uns in Mode gekommene «Nose-to-Tail» ist in Argentinien seit jeher normal und keine Modeerscheinung. So gibt es viele Stücke beim Metzger, die bei uns schon gar nicht oder wenn überhaupt nur auf Bestellung erhältlich sind. Primär wird Rindfleisch gegrillt, aber auch Schweinefleisch landet auf dem Grill. Vor allem in Patagonien ist Lammfleisch und auch Zicklein sehr beliebt. Immer mit dazu gehören Chorizo (Bratwurst) und Morzilla (Blutwurst).

 

Die folgenden Stücke sind bei den Argentiniern vor allem beliebt:

Tira de Asado – In schmale Streifen geschnittene Rinds- oder Schweinerippen

Die ganze Länge der vorderen Rippen wird quer zu den Knochen in lange Streifen geschnitten und als Ganzes gegrillt.

Entraña – Englisch auch Flank Steak

Das längliche Stück liegt hinter den Rippen und ist ein Muskel des Zwerchfells. In Europa ist dieses Stück kaum käuflich, in Argentinien gehört es unbedingt auf den Grill.

Tapa de Asado

Ein eher günstiges, aber doch sehr schmackhaftes Stück. Zum Braten eine Herausforderung, da es gerne zäh wird, wenn man es nicht perfekt grillt.

Matambre – Gibt es auch vom Schwein

Das dünne Stück liegt zwischen den Rippen und der Haut. Man serviert dieses gerne als ersten Gang, fein in Streifen geschnitten und mit Zitronensaft bespritzt. Der Name kommt übrigens von Matar (töten) und Hambre (Hunger). Es soll also den ersten Hunger «töten».

Bife – Die Rückenstücke

Das Rückenstück wird in Argentinien in drei bis vier Teilen benannt: Roastbeef, Ojo de Bife, Bife Ancho und Bife Angosto. Alle Stücke gehören zu den eher teuren, wenngleich das natürlich eher aus argentinischer Optik Gültigkeit hat. Man brät die Stücke als Ganzes oder in Steaks geschnitten.

Morzilla – Die Blutwurst

Da diese beim Kauf bereits gekocht ist, wird sie bei kleiner Hitze nur erwärmt.

Chinchuline – Dünndarm

Diese etwas gewöhnungsbedürftige Spezialität ist ebenfalls sehr beliebt, aber für uns Europäer sicher gewöhnungsbedürftig. Der Dünndarm wird gut gespült, wobei die innere Fettschicht erhalten bleibt. Knusprig gebraten wird er serviert. Wird den Besuchern oft als Mutprobe gereicht und sollte unbedingt versucht werden. Schon nur um das Gesicht nicht zu verlieren 😉

 

Übrigens, das bei uns so hochgelobte Filet, haben wir in all den Monaten in Argentinien nur selten beim Metzger und nie auf dem Grill gesehen. Das liegt aber nicht nur am Preis, sondern vor allem daran, dass es zwar zart, aber ohne speziell kräftigem Eigengeschmack daherkommt. Teuer ist aber natürlich relativ, mehr als 15 CHF/kg muss man auch dafür nicht berappen.

Der Grill – Auf Spanisch «Parilla»

Viele Häuser haben einen Grill, ähnlich eines offenen Kamins bei uns, in der Küche oder Esszimmer fest verbaut. Zudem ist sicher im Garten eine «Parilla» verfügbar. Übriges, auch im Camping und bei Picknick-Plätzen stehen meist Grills zur Verfügung, oft aber ohne Rost, den bringt man selber mit.

Der Rost ist nur etwa 15 cm über der Glut und hat daneben grosszügig freien Platz, denn grundsätzlich brennt das Feuer immer neben dem Grill. Die Glut wird dann nach Bedarf direkt unter oder auch nur neben die Fleischstücke gezogen.

Logisch ist die Grillfläche in Anbetracht der Fleischmengen mehrheitlich etwas grösser als der durchschnittliche Grill bei uns.

 

Wir haben uns unterwegs einen handgefertigten Klappgrill gekauft, der uns in Zukunft wohl auch immer begleiten wird. 

Grilltechnik

Ob man ein Feuer mit Hartholz betreibt oder auf Holzkohle vertraut ist Geschmacksache und auch regional unterschiedlich. Unter den Argentiniern ist das auch gerne eine hitzige Diskussion wert, denn es handelt sich bei diesem Thema schon fast um eine Religion. Wir haben auch schon mal mit vier Holzscheiten 1 ½ h gegrillt, solange hält sich die Glut. Auch die lokale Holzkohle ist schwerer und dichter als bei uns und brennt entsprechend auch viel länger. Eine halbe Stunde Vorlauf muss man etwa rechnen, bevor das Fleisch auf den Rost kommt.

Die ideale Temperatur zum Braten hat man, wenn man die Hand 10 Sekunden im Bereich des Grillguts über dem Rost halten kann, bis es einem zu heiss wird.

Je nach Fleischart rechnet man 1 bis 1 ½ h Bratzeit pro Kilo Fleisch. Auch wenn es bei so langer Zeit nicht auf die Minute darauf ankommt, ist es die Erfahrung des «Asadors» zu wissen, wann das Fleisch den gewünschten Garpunkt erreicht hat. Als Hinweis kann man folgenden Trick anwenden: Man wartet, bis der erste Fleischsaft auf den noch rohen Seite austritt und wendet dann das Fleisch, um noch einmal die gleiche Zeit zu braten. Ist das Fleischstück ungleich dick, ist das kein Problem. Man schneidet den dünneren Teil einfach etwas früher weg und serviert diesen vorab.

Würste werden grundsätzlich in einer weniger heissen Zone gebraten, beziehungsweise dort warmgehalten. Auch Würste werden daher gut eine halbe Stunde gegrillt.

 

Argentinier garen das Fleisch eher mehr als wir es uns in Europa gewöhnt sind, aber ein wenig rosa sollte es noch sein. Aufgrund der niedrigen Temperatur bleibt das Fleisch aber so oder so saftig und zart. Aufgrund der von uns gemachten Grillerfahrungen haben wir in der Schweiz auch schon Siedfleischstücke auf dem Grill gebraten. Nach etwa 2h braten bei niedriger Temperatur, ein Genuss. Klar haben diese Fleischstücke Fettadern und zum Teil auch etwas zähe Stellen, aber die schneidet man halt weg beim Essen.

Al la Cruz

Vor allem in Patagonien werden bei grösseren Gesellschaften gerne ganze Schafe oder Zicklein gebraten. Dazu werden die Tiere auf ein Stahlkreuz gespannt und schräg an das offene Feuer gestellt. Von Zeit zu Zeit wird das Fleisch gewendet. Diese Art zu Grillen braucht seine Zeit. Ein Zicklein um die 2h, ein grosses Schaf auch schon mal 4 bis 5h. Aber auch hier gilt: Wenig Temperatur und viel Zeit!


Kommentare: 0